Drucken

Ewald HanischHaushaltsrede 2017 CDU-Fraktion
Ewald Hanisch, Fraktionsvorsitzender


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Ratsmitglieder, verehrte Zuhörer,

„Nethestadt bringt viel auf den Weg: Brakel schärft Profil“, so lautete die Überschrift zu einem Beitrag in einer Beilage einer Lokalzeitung zum Jahreswechsel.

Hingewiesen wurde in diesem Beitrag u.a. auf das Freibad, welches mit der Fernwärmeleitung kontinuierlich angenehm warmes Wasser bietet, auf die Profilschärfung als Schulstandort durch den freiwilligen Zusammenschluss der beiden Grundschulen sowie auf die bevorstehende Eröffnung des Kletterzentrums in der ehemaligen belgischen Nato-Kaserne als eine neue Attraktion, die weit über Brakel hinaus strahlen wird.

Ist also alles in bester Ordnung? Gibt es keinen Grund zur Klage?

Leider ist das nicht der Fall. Wie schon so oft droht Ungemach von „höherer Stelle“.

Das für 2016 eingeplante Defizit von 630.000 € konnte zum Glück vermieden werden. Im Gegenteil – es ist sogar mit einem Überschuss zu rechnen. Und für 2017 hätte die Stadt eigentlich einen ausgeglichenen Haushalt präsentieren können, wenn nicht Löcher in ungeahntem Ausmaß an anderer Stelle entstanden wären.

Die Verschlechterung bei den Schlüsselzuweisungen in Höhe von 1,58 Millionen Euro war aufgrund der guten Gewerbesteuereinnahme im Vorjahr zumindest in der Tendenz zu erwarten. Überrascht hat aber alle der erhebliche zusätzliche Finanzbedarf des Kreises.

Dieser leidet an erheblichen Steigerungen bei den Kosten für Soziales und gibt die Steigerungen als Umlagehaushalt an die nächstniedrigere Ebene, d.h. an die Städte weiter. Auf diesen Zusammenhang habe ich bereits in meiner Haushaltsrede vor 2 Jahren hingewiesen. Nach wie vor ist die entscheidende Position die Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, deren Aufwendungen rund 70% des LWL-Haushaltes ausmachen, so dass sich steigende Kosten in diesem Bereich unmittelbar auf die Umlagen auswirken, die der LWL von den Kreisen erhebt. Insgesamt 3,5 Milliarden € werden jährlich für diese Position ausgegeben, der Mehrbedarf soll innerhalb nur eines Jahres um 165 Millionen Euro zulegen, was vor allem an neuen gesetzlichen Vorgaben liege, wie der Presse zu entnehmen war.

An dieser Stelle muss einmal deutlich gefragt werden:

Wer soll all die zusätzlichen Kosten, die durch Erhöhung von Standards entstehen, tragen?

Rettungsfahrzeuge und Notärzte sollen in immer kürzeren Zeiträumen am Einsatzort sein, Dorfgemeinschaftshäuser können nachts begangen werden ohne Licht einzuschalten, da die vorhandene Notbeleuchtung, die 365 Tage im Jahr 24 Stunden lang brennt, vollkommen ausreicht. Haben wir künftig einen Notarzt und ein Rettungsfahrzeug in jedem Dorf? Wir wissen doch, im Notfall kommt es auf jede Minute an. Wer könnte sich einer solchen Argumentation entziehen?

Hier mein klarer Appell an die Politik auf allen Ebenen:

Es muss sorgfältig geprüft werden, was die Gesellschaft zu tragen in der Lage und bereit ist. Nicht jeder Wunsch kann mehr erfüllt werden. Vielleicht sollte als erstes beim Personal gespart werden – nämlich bei dem, das für immer neue Vorschriften, Vorgaben und Auflagen verantwortlich ist. Insbesondere ist dieses Personal bei der Landeverwaltung und den nachgelagerten Behörden zu finden.

Wie viel Geld ließe sich einsparen, wenn man nicht ein Programm „Gute Schule 2020“ auflegen würde, sondern das Geld gleich im Rahmen der Schulpauschalen den Städten und Gemeinden geben würde?

Warum braucht das Land die vom Bund bereitgestellten Mittel in Höhe von 434 Millionen Euro für die Integration selbst und gibt sie nicht an die Städte und Gemeinden, in denen die eigentliche Integrationsarbeit geleistet wird?

Aber nicht nur im Land sondern auch im Bund sorgt man immer wieder für zusätzliche Kosten, die letztlich bei den Kommunen hängen bleiben. Ein Beispiel aus jüngster Zeit gefällig? Bitte schön. Beispiel: Unterhaltsvorschussgesetz.

Nach diesem Gesetz springt der Staat ein, wenn Unterhaltspflichtige nach einer Trennung ihren Verpflichtungen auf Unterhaltszahlung an die Kinder nicht nachkommen. Bundesweit gibt es derzeit 440.000 Anspruchsberechtigte, 90 % davon sind alleinerziehende Mütter. Aktuell gilt eine Höchstbezugsdauer von 72 Monaten und eine Altersgrenze bei den Kindern von 12 Jahren. Die Altersgrenze soll nunmehr auf 18 Jahre angehoben und die Höchstbezugsdauer aufgehoben werden. Es wird damit gerechnet, das Leistungen für 260.000 Kinder zusätzlich erbracht werden. Die Kosten teilen sich auf den ersten Blick Bund und Land und zwar im Verhältnis 40:60. In NRW tragen jedoch die Kommunen 80% des Länderanteils, in anderen Bundesländern liegt der Anteil zwischen 0 und 50 Prozent. Es wird zwar auch Einsparungen geben, diese kommen aber i.d.R. wieder dem Bund zu Gute z.B. bei der Anrechnung der Leistung im Rahmen von Hartz IV.

Zu beachten ist natürlich auch ein erheblicher zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Wie der Begriff Unterhaltsvorschuss schon besagt tritt der Staat ja zunächst in Vorleistung und versucht, das Geld bei den Unterhaltspflichtigen wieder einzutreiben. Das bedeutet bei steigenden Fallzahlen natürlich auch wieder zusätzliches Personal, so dass sich die Personalkosten beim Kreis erhöhen und der Druck auf die Kreisumlage weiter steigt.

Was ist ein einer solchen Lage zu tun?

Wir brauchen als Kommune mehr Geld, um diese zusätzlichen Belastungen, die uns andere aufbürden, zu schultern.

Eine Möglichkeit dazu wäre, die Ansiedlung von Gewerbebetrieben aktiv zu bewerben und für die Zukunft steigende Gewerbesteuern auf diesem Wege zu realisieren. Das aber können wir derzeit nicht, da wir keine freien Gewerbeflächen mehr haben. Die Erweiterung des bestehenden Gebietes wird momentan durch den Landesentwicklungsplan NRW ausgebremst.

Eine andere Möglichkeit wären verstärkte Zuweisungen durch das Land. In Anbetracht des hohen Schuldenstandes und der erneut geplanten Kreditaufnahme in 2017 mit rund 1,8 Milliarden Euro neuen Schulden fehlt mir hieran jedoch der Glaube.

An der Steuerschraube drehen oder den Gürtel enger schnallen?

In Brakel haben wir uns in diesem Jahr für die letztere Variante entschieden. Die Investitionen sind mit knapp 7 Millionen Euro veranschlagt nach 10 Millionen Euro in 2016. Aber der Gürtel hat kaum noch Löcher. Fast der gesamte Haushalt stellt Pflichtaufgaben dar. Die Summe der freiwilligen Aufwendungen im Jahr 2017 beträgt 559.000 Euro (S. 238 HH-Plan) bei 32,4 Millionen Euro Aufwendungen im Ergebnisplan. Ursache für die chronische Unterfinanzierung sind – wie bereits dargelegt – die ausufernden Sozialausgaben sowie die Klientelpolitik unserer Landesregierung, die weniger die ländlichen Räume im Blick hat als vielmehr die „Metropolregionen“ an Rhein und Ruhr.

Meine Damen und Herren,

ich werde der Versuchung widerstehen, an dieser Stelle, weiter auf Bund und Land einzudreschen – obwohl sie es verdient hätten...

Wie schon im letzten Jahr an dieser Stelle ausgeführt ist festzuhalten, dass in Brakel stets solide gewirtschaftet wurde. Wir haben als kleine Stadt mit rund 16.500 Einwohnern eine funktionierende Infrastruktur, wir haben eine intakte Schullandschaft, Hallenbad und Freibad mit warmem Wasser, Kino, demnächst Kletterzentrum und - soweit technisch machbar und finanzierbar - weiches Wasser in jedem Haushalt.

Meine Damen und Herren,

ich bedanke mich im Namen meiner Fraktion beim Bürgermeister und den Mitarbeitern der Verwaltung, insbesondere beim Kämmerer Dominik Schlenhardt für die im Vorfeld der Haushaltsplanung erbrachten Vorarbeiten und die Beantwortung zahlreicher Anfragen aber natürlich auch für die gesamte Arbeit im abgelaufenen Jahr 2016.

Ich bedanke mich aber auch bei den übrigen Fraktionen in diesem Rat für die konstruktive und vertrauensvolle Zusammenarbeit im abgelaufenen Jahr. Das ist nicht selbstverständlich - wie der Blick in andere Räte und Gremien zeigt. Wenn wir weiterhin respektvoll miteinander umgehen und auch bereit sind, Ideen und Vorschläge der anderen Seite aufzunehmen, bin ich zuversichtlich, auch in diesem Jahr – trotz Landtags- und Bundestagswahlen – erfolgreich zum Wohle unserer Heimatstadt zu wirken.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, das wichtige Initiativen - soweit ich mich erinnere – einstimmig getragen wurden, sei es z.B. der SPD-Antrag zu der Erfassung der baulichen Situation der Dorfgemeinschaftshäuser wie auch der CDU-Antrag zur Prüfung der Realisationschancen einer zentralen Wasserenthärtung.

Um es nunmehr kurz zu machen:

Die CDU-Fraktion stimmt dem Haushalt 2017 mit den noch zu beschließenden Änderungen zu.