Drucken

Haushaltsrede 2018 CDU-Fraktion
Ewald Hanisch, Fraktionsvorsitzender

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Ratsmitglieder, verehrte Zuhörer,

 

„Ist das Glas halb voll oder halb leer?“

Optimisten und Pessimisten werden diese Frage naturgemäß unterschiedlich beantworten.

 

Wie ist unsere derzeitige Lage?

 

Schaut man sich die Berichterstattung zu den Haushaltsberatungen anderer Städte in diesen Tagen an, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass die Lage fast nicht besser sein könnte. Erhebliche Investitionen in Millionenumfang u.a. in Schulen prägen das aktuelle Bild.

Auch in Brakel stehen Investitionen in noch nicht gekanntem Umfang in Höhe von rund 12,5 Millionen an. Davon wird die heimische Wirtschaft profitieren aber natürlich auch die Einwohner. In erheblichem Umfang werden diese Investitionen durch Investitionsprogramme von Bund und Land teilweise bis zu 90% gefördert. Insbesondere der Breitbandausbau zur verbesserten Internetversorgung der Dörfer schlägt hier mit 1,4 Mio € zu Buche, was die CDU-Fraktion ausdrücklich begrüßt, warten doch die Einwohner in den Ortschaften schon viel zu lange auf die Anbindung an das schnelle Internet. Auf Kreisebene werden übrigens insgesamt 15 Mio € in Glasfasernetze investiert. Da kann man nur hoffen, das genügend Kapazitäten im heimischen Tiefbau zur Verfügung stehen. Weitere Investitionen betreffen die Feuerwehr, hier insbesondere die Neubeschaffung einer Drehleiter. Auch diese Investition von immerhin 650.000 € wurde bereits im letzten Jahr einmütig im Rat beschlossen. Zahlreiche weitere Projekte sollen in 2018 verwirklicht werden, die ich hier nicht im einzelnen aufführen kann. Es bleibt zu hoffen, dass all das vom Bauamt auch geleistet werden kann, insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass noch Planungen für die IKEK-Projekte in den Dörfern anstehen, die noch in diesem Jahr zur Antragsreife gebracht werden sollen.

Ihnen Herr Groppe wünsche ich für diese Mammutaufgabe gutes Gelingen gemeinsam mit Ihrem Team und - bleiben Sie gesund und munter!

Aufgrund der anstehenden Erstattung von Gewerbesteuern im Umfang von angekündigten rund 800.000 € hat meine Fraktion die Notwendigkeit gesehen, gegenzusteuern und die geplanten Investitionen in das Hallenbad in Höhe von 510.000 € mit einem VE-Vermerk zu versehen und damit ins Folgejahr zu verschieben. Dies hat zwar keine unmittelbare Auswirkung auf den Haushaltsausgleich wohl aber auf die Liquidität. Dieser Vorschlag wurde im Hauptausschuss auch von den anderen Fraktionen unterstützt, was wir ausdrücklich begrüßen.

Meine Damen und Herren, es gelingt in 2018 erneut nicht, einen ausgeglichenen Haushalt zu verabschieden. Das Defizit in Höhe von knapp 1,5 Mio € geht zu Lasten der Ausgleichsrücklage. Dieser Umstand gibt zu Denken, wenn auch der Bürgermeister bei seiner Haushaltseinbringung für kommende Jahre auf ausgeglichene Haushalte hofft. Ich habe die große Sorge, dass diese Erwartung in den Folgejahren nicht eintreten wird. Zu groß sind m.E. die Unwägbarkeiten. Dazu ein Blick auf die Umlagen:

Zwar wirtschaftet der Kreis Höxter gut; er hat keine Kassenkredite – so wie Brakel übrigens auch nicht – und er hat seinen Schuldenstand Ende 2016 auf 3,5 Mio € reduzieren können. Aber schon der Blick auf die nächsthöhere Ebene, den Landschaftsverband, der sich zu einem großen Teil über Umlagen von den Kreisen und kreisfreien Städten finanziert, macht Angst und Bange. Die Verschuldung ist dort von 2006 bis 2016 von 347 Mio € auf rund 586 Mio € gestiegen, die darin enthaltenen Kassenkredite von 8,5 Mio € auf sage und schreibe 320 Mio €. Es ist also zu befürchten, dass die von den Kreisen zu erbringenden Umlagen an den Landschaftsverband künftig kräftig steigen werden und in der Folge auch die von den Städten zu leistende Kreisumlage. Ob diese zu erwartenden künftigen Belastungen durch weiterhin steigende Landeszuweisungen, Gewerbesteuerverbesserungen und höhere Gemeindeanteile an Einkommens- und Umsatzsteuer kompensiert werden können, ist von der weiteren konjunkturellen Entwicklung abhängig.

Derzeit befinden wir uns in einer extrem guten Lage, die Steuereinnahmen auf Bundes- und Landesebene sprudeln und die Party scheint kein Ende nehmen zu wollen. Man muss aber nicht Volkswirt sein, um zu wissen, dass jeder Boomphase immer auch wieder ein Abschwung folgt.

Mit anderen Worten:

Keine Feier dauert ewig. Nach der Fete droht der Kater.

Leider scheint auch das Kurzeitgedächtnis bei vielen Verantwortlichen in der Politik stärker ausgeprägt zu sein als das Langzeitgedächnis. Ob der relativ guten Zahlen der jüngeren Vergangenheit seit 2014 wird der Einbruch insbesondere der Jahre 2009 bis 2011 von vielen offensichtlich verdrängt. Für 2017 wird mit einem Überschuss von 38 Mrd. € gerechnet nach einem solchen von fast 26 Mrd. € im Vorjahr. Aber allein in 2009 hat es ein Defizit von rund 80 Mrd. € gegeben, in 2010 sogar in Höhe von 109 Mrd. €. Alle Überschüsse von 2014 bis 2017 in Höhe von zusammen 93 Mrd. € reichen nicht aus, um den Fehlbetrag des Jahres 2010 zu kompensieren.

Bei den Verhandlungen zur Bildung einer neuen Bundesregierung stehen Mehrausgaben in Höhe von 45 Mrd. € für die kommenden 4 Jahre im Raum, vielleicht auch mehr, wenn es z.B. nach Andrea Nahles geht. Originalzitat vom SPD-Parteitag Anfang Dezember 2017:

„Die SPD wird gebraucht. Bätschi, sage ich dazu nur. Und das wird ganz schön teuer. Bätschi, sage ich dazu nur.“

Viele warten darauf, das in Berlin endlich eine handlungsfähige Regierung gebildet wird. Dies ist sicher auch notwendig in Anbetracht all der Unsicherheit rings um uns herum. Aber einen Vorteil hat all das Gezerre doch auch. Das Jahr 2018 ist ohne ein beschlossenes Haushaltsgesetz gestartet. Damit greift die vorläufige Haushaltsführung, die nur das Zahlen wirklich zwingender Ausgaben erlaubt. Im Ergebnis läuft der Haushalt also zwangsweise auf Sparflamme, gleichzeitig sprudeln die Steuereinnahmen weiter, so dass für 2018 erneut mit einem voraussichtlich sehr guten Ergebnis zu rechnen sein wird.

Aber natürlich hoffen wir alle auf eine Einigung in Berlin. Zu wünschen wäre dabei aus kommunaler Sicht eine Finanzreform, die dafür sorgt, das Kommunen künftig nur das bezahlen müssen, was sie selbst beschlossen haben. Allein mir fehlt der Glaube, das das wirklich passiert.

Hoffen wir also, dass die gute Konjunktur noch ein wenig weiter anhält. Dann haben wir auch auf kommunaler Ebene etwas davon.

An dieser Stelle soll auch positiv erwähnt werden, das die neue NRW-Landesregierung mit steigenden Schlüsselzuweisungen zu einer nicht unerheblichen Verbesserung auch in Brakel beigetragen hat. Immerhin steigen diese um 2,63 Mio € im Vergleich zum Vorjahr. Nicht verschwiegen werden soll aber, dass sich nach wie vor an der Grundlage der Verteilung nichts geändert hat und damit Städte wie Brakel, insgesamt der ländliche Raum, im Vergleich zu großen und kreisfreien Städten immer noch deutlich schlechter gestellt sind.

Erfreulicherweise deutet sich bei der Integrationspauschale an, dass zumindest ein Teil der Mittel, nämlich insgesamt 100 Mio € noch an die Kommunen weitergeleitet werden soll. Das ist auch absolut notwendig, da hier auf kommunaler Ebene die Hauptlast der Integration zugewanderter Menschen zu tragen ist.

Ein Unding ist allerdings der Umstand, dass gerade die Kosten für abgelehnte Asylbewerber ohne jegliche Erstattung von höherer Seite komplett bei den Kommunen verbleiben. Für Brakel ist allein für diese Position von einer Schlechterstellung in Höhe von 850.000 € auszugehen. Hier ist unsere klare Forderung: Erstattung gerade auch dieser Kosten von Bund oder Land, und zwar so lange, wie diese Menschen in den Kommunen verbleiben, nicht nur für 3 Monate nach dem Ablehnungsdatum, wie dies derzeit gilt.

Meine Damen und Herren,

Wir begrüßen ausdrücklich die Tatsache, dass sowohl Steuern wie auch Gebühren in 2018 konstant bleiben. Es hat in Brakel Tradition, dass Steuersätze stets unter dem Durchschnitt im Kreis festgesetzt werden konnten. Auch bei den Gebühren befinden wir uns weiterhin im untersten Bereich.

Noch ein Wort zur Innenstadt:

Die Innenstadt von Brakel hat durch die in 2017 durchgeführten Maßnahmen im Bereich der Oberflächengestaltung eine erhebliche Aufwertung erfahren, die Aufenthaltsqualität hat aus unserer Sicht deutlich gewonnen.

Es reicht aber sicher nicht aus, nur die Oberflächen zu optimieren. Vielmehr ist es aus unserer Sicht auch erforderlich, weitere Ideen zu entwickeln, um die Innenstadt attraktiver zu machen - für Besucher aber auch für die Geschäftsleute, die von Ihrem Gewinn schließlich leben müssen.

Um diesem Ziel näher zu kommen, haben wir einen fraktionsinternen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der Ideen entwickeln und zu gegebener Zeit in den zuständigen Ausschüssen präsentieren soll.

Meine Damen und Herren,

ich möchte, bevor ich zum Ende komme, noch einmal auf dieeingangs gestellte Frage zurückkommen: Wo stehen wir?

Die vorherigen Ausführungen zeigen, dass die Frage nicht einfach zu beantworten ist. Sicher – die allgemeinen Konjunkturdaten sind derzeit überwiegend positiv; Bund und Länder profitieren von erheblichen Steuerzuflüssen, die sie in die Lage versetzen, einen Teil davon auch an die kommunale Ebene weiterzuleiten. Die gute Lage verleitet aber Spitzenpolitiker leider nur allzu oft, teure Ausgabenprogramme aufzulegen, die auf Dauer nicht seriös finanzierbar sind.

Leider werden Gelder in der Regel auch nicht zur freien Verfügung an die Kommunen weitergeleitet, sondern im Rahmen von Programmen wie „Gute Schule 2020“ u.a. Wer aber in der Vergangenheit gerade seine Schulen auf Vordermann gebracht hat, jetzt aber eigentlich Geld z.B. für seine Feuerwehr benötigt, schaut dann in die Röhre. Mit der Auflage zahlreicher Programme geht auch ein Stück kommunaler Selbstverantwortung verloren, da angesichts von Förderquoten von 60, 70 oder gar 90 Prozent man gar nicht anders kann, als fremdes Geld zum Wohle seiner Stadt „mitzunehmen“. Auf diesem Weg fließt relativ viel Geld „von oben“ in kommunale Investitionsprojekte, die laufenden Kosten aber laufen den Kommunen davon. Künftige Abschreibungen müssen erwirtschaftet werden, Personal ist zu bezahlen und zwar mit steigender Tendenz, künftig ist vielleicht auch wieder mit nennenswerten Zinsen zu rechnen.

Das Glas „Ausgleichsrücklage“ ist derzeit halb voll oder halb leer, je nach Betrachtungswinkel.

Aber eins ist sicher: Wenn wir weiterhin regelmäßig daran nippen, ist das Glas eines Tages leer.

Das gilt es nach Möglichkeit zu verhindern, insofern ist und bleibt die Arbeit im Rat weiterhin interessant, spannend und fordernd.

Liebe Zuhörer,

die Beratungen im Haupt- und Finanzausschuss waren vergleichsweise wenig spektakulär. Andeutungen, dem Haushalt nicht zustimmen zu können, sind mir nicht erinnerlich, so dass ich davon ausgehe, dass der Haushalt 2018 heute mit einer sehr breiten Mehrheit wenn nicht sogar einstimmig verabschiedet werden wird.

Ich bedanke mich auch in diesem Jahr wieder im Namen meiner Fraktion bei Bürgermeister Hermann Temme und den Mitarbeitern der Verwaltung, insbesondere beim Kämmerer Dominik Schlenhardt für die im Rahmen der Haushaltsplanung erbrachten Vorarbeiten und die Beantwortung diverser Anfragen aber natürlich auch für die gesamte Arbeit im abgelaufenen Jahr 2017. Bedanken möchte ich mich auch bei den übrigen Fraktionen in diesem Rat für die vertrauensvolle und angenehme Zusammenarbeit im vergangenen Jahr. Aus vielen Gesprächen mit Verantwortlichen aus anderen Räten weiß ich, dass wir für das gute Miteinander durchaus beneidet werden. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch weiterhin konstruktiv zum Wohle unserer Heimatstadt Brakel und der zugehörigen Dörfer arbeiten werden.

Nun möchte ich Sie aber nicht mehr länger auf die Folter spannen:

Die CDU-Fraktion stimmt dem Haushalt 2018 mit den noch zu beschließenden Änderungen zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!